Eigentümergemeinschaft Zeetze 5
29487 Zeetze
Willkommen an einem schönen Ort
Wir wollen „gut zusammen leben“, lautet das Motto der Wohngemeinschaft Zeetze Nr. 5, die sich vor fast zehn Jahren in der sanierten Hofanlage in drei getrennten Wohneinheiten zusammengefunden haben.
Mit viel Liebe zum historischen Detail wurde hier erst eine denkmalgeschützte „Bruchbude“ umfangreich restauriert und ausgebaut, dafür vergab der Rundlingsverein im Wendland 1998 die Auszeichnung „Vorbildliche Sanierung“ an Hinrich und Marion Kollenrott. Beide kauften das Haupthaus mitsamt großer Scheune und diverser Nebengebäude, das inmitten des kleinen, noch erkennbaren Rundlings von Zeetze liegt, zusammen mit einem Bekannten. Hinter der Scheune schließt sich ein Hektar, heute wunderschöner Garten mit Obstbäumen und kleinem Bachlauf an. Ein ruhiges Idyll, denn „hier kommt nur her, wer hier was will“.
Doch wie es so oft auf großen alten Höfen ist, der Blick von Außen trügt ein wenig. Erst starb der Miteigentümer, die Kinder wurden groß, bald waren Kollenrotts allein auf vielen Quadratmetern. Hinrich ist als Landarzt und dank seines Engagement etwa im Gemeinderat meist unterwegs. „Ich war viel allein, nachdem ich aus dem Schuldienst ausgeschieden bin“, erzählt Marion. Doch die umfangreiche Arbeit an Haus und Hof war kaum zu schaffen, große Teile des Grundstücks blieben ungenutzt. Zusätzlich fanden zur Kulturellen Landpartie Jahr für Jahr Veranstaltungen statt, viele Gäste kamen. „Das Schöne war verschwunden hinter dem Gefühl, alles aufrecht erhalten zu müssen“, erinnert sich Hinrich. Mit dem Alter schwand die Kraft, es war einfach zu viel, man dachte damals schon an den Verkauf.
„Das Schöne war verschwunden hinter dem Gefühl, alles aufrecht erhalten zu müssen.“
Dann hatten Kollenrotts aber „ganz besonderes Glück“: Sie trafen zufällig ein bekanntes Ehepaar, die auf der Suche nach einem Hof im Wendland waren. Statt zu verkaufen wurde vor etwa zehn Jahren damit begonnen, gemeinsame Pläne zu schmieden. Lange Diskussionen schlossen sich an, über die individuellen Wertevorstellungen und wie eine Hofgemeinschaft praktisch umzusetzen wäre. Die Schwester der Frau stieß zu den vieren, später stieg ihr Freund noch mit ein. „Wir haben eine gute Konfliktkultur, wir arbeiten alle mit Menschen und haben Erfahrung mit Therapie und Kommunikationsstrategien“, so Hinrich. Das half im Planungsprozess, in dem „immer alle mit allem einverstanden waren“. Weil die Beteiligten Eigentum wollten, war Grundlage für den Ausbau die Teilung des Grundstücks. Kollenrotts verkauften also die große Scheune und einen Stall an die künftigen Hofbewohner*innen. Wegerechte wurden vereinbart, der umfangreiche Ausbau konnte beginnen.
In dieser Phase hatten alle viel miteinander zu tun, es wurde sich oft getroffen, stundenlang geredet. „Und doch war es nicht einfach, seinen eigenen Garten zu verkaufen“, erinnert sich Marion. Ihr gehört heute noch ein Anteil mit Teich, den ihr Mann hegt und pflegt. Apfelbäume, Bachlauf und Schafweide hat sie an die Nachbarn abgetreten. Kürzlich trennte sich Hinrich auch noch von der Remise. Eigentlich träumte er immer von einer Werkstatt, damit seine Nachbarn aber mehr Platz haben, können die jetzt diesen Teil auch noch ausbauen.
„Wir werden zusammen alt werden.“
Es geht familiär zu. Kommen die Kinder zu Besuch, sitzen schnell auch die Nachbarn mit am Kaffeetisch. Man möchte schließlich teilhaben am Leben der anderen. Am Anfang haben wir gedacht, wir müssen alle beste Freund*innen werden, sagt Hinrich. Man habe aber eingesehen, dass es reicht, eine gute Nachbarschaft zu pflegen. Er schwang sich mit seinem neuen Nachbarn aufs Motorrad und bereiste die USA. Eine intensive Zeit, von der die Gemeinschaft heute noch profitiert. Alle sind aber sehr viel beschäftigt, arbeiten teilweise noch außerhalb, verbringen deshalb wenig Zeit in Zeetze. Im Sommer trifft man sich dank des Gartens oder der Schafe und Hühner öfter. Die Freundschaften zu pflegen fällt dann leichter. Um sich dennoch nicht zu verlieren, wurden gemeinsame Treffen vereinbart. Einmal im Monat essen alle zusammen, vorher gibt es eine „wie geht es mir“-Runde. Schließlich liegt es allen daran, „dass es uns hier gut geht, dass wir uns wohlfühlen, dass es ein schöner Ort ist“. Das „sich Mitteilen wurde institutionalisiert“, sagt der Fachmann.
„Wir kommen hierher um zu bleiben.“
Der Blick in die Zukunft ist entspannt, alle sind „gekommen um hier zu bleiben“ und glauben, „dass wir uns als alte Leute hier ganz gut vertragen können“. Die Verbindlichkeit zum Hof und der Gemeinschaft ist hoch, schließlich haben alle hohe Investitionen getätigt. Christiane sagt, sie hat sich „systematisch“ auf das Leben im Wendland vorbereitet. Sie sorgte dafür, beruflich nicht mehr pendeln zu müssen und träumt nun von einem „autonomen Leben“ mit großem Gemüsegarten zur Selbstversorgung.
Hin und wieder wird schonmal diskutiert, wie es einmal werden könnte. Für den Moment, wenn die Kraft irgendwann mal schwindet, soll vorgesorgt werden. Die Planungen für den Umbau eines Schweinestalls zu einer kleinen separaten Wohnung wurden bereits angeschoben. Hier könnte irgendwann mal ein Paar einziehen, er leidenschaftlicher Hausmeister, sie Altenpflegerin. Oder andersherum. Marion und Hinrich lachen bei dieser Vorstellung. Sie meinen es aber Ernst. Auf dem Hof werden schon Testamente vorbereitet, damit im Erbfall irgendwann einmal alle Mitbewohner*innen entscheiden können, wie es mit der Gemeinschaft weitergehen kann.
„Aus einer Notsituation heraus zu starten ist ungünstig.“
Als Voraussetzung für ein erfolgreiches Gemeinschaftsprojekt empfehlen Kollenrotts, dass sich alle Beteiligte gut kennen sollten. „Es gilt zu klären, was ich von den anderen Menschen will, wenn ich mit denen zusammenlebe“. Eine großes Projekt aus einer Notsituation heraus zu starten, das halten sie für ungünstig.
Text und Fotos: Kina und Jan Becker